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Überführung Genua - Palma 2024

Von der Storm Jib zum Motor (und) Zurück

Es war eine übermüdete Crew, die an einem Samstagabend in Genua auslief. Die vergangenen 50 Stunden seit dem Zieleinlauf des Loro Piana Giraglia Race 2024 waren gezeichnet durch die exzellente Versorgung im Yacht Club Italiano und der Mühe, bei bestem Wetter die Störtebeker zu klarieren. Nachdem Schiff und Vereinsbus jeweils einmal komplett aus- und ein-gestaut wurden waren wir bereit.

 

Die erste Etappe führte uns in den Süden Korsikas. Die Segel kamen hoch und unsere neunköpfige Crew drittelte sich ins Wachsystem. So konnten wir auf zwei Stunden Wache jeweils vier Stunden Freiwache folgen lassen und in der Nacht noch etwas Kraft schöpfen. Bereits am frühen Vormittag wurden wir dann von der Silhouette Korsikas begrüßt – die uns den Rest des Tages begleiten sollte. Mit solidem Wind und überschauberer Welle folgten wir der beeindruckenden Wand an Bergen und konnten darüber hinaus am Nachmittag dank Raumwind gleichzeitig ruhiger und schneller Fortschritte machen.

 

Unser Ziel auf Korsika war Bonifacio, die Südspitze Korsikas in Sichtweite von Sardinien. Die Einfahrt in den Hafen, eine schmale Schlucht, gleicht der Kulisse aus einem Spielfilm über Freibeuter und erinnert dadurch direkt an die Geschichte dieser Insel. Bei Ankunft und Festmachen stand die Sonne bereits tief, daher endete der Abend mit Crêpes und den letzten Minuten eines EM-Fußballspiels.

 

Wir nutzten den nächsten Tag, um die fehlenden Schritte des Vortages auszugleichen. Bonifacios malerische Altstadt liegt weit oberhalb des Hafens und ist trotz 30°C alle Höhenmeter wert. Das anschließende Einkaufen war, durch mehrere Supermärkte in der ersten Reihe am Hafen, trotz vieler Liter Wasser verhältnismäßig leicht.

 

Am dritten Tag, mittlerweile Dienstag, sollte eine zeitige Abreise auf dem Plan stehen. Dem im Weg wiederum standen die Wettermodelle, von denen einige in Böen 35 Knoten zwischen den Inseln vorsahen. Abfahrt einige Stunden verschoben, dann folgte das nächste Problem, ausgelöst durch viel Hafen auf wenig Platz: Keine Badestelle. In Aussicht der längeren nächsten Etappe nahmen wir ausreichend Wasser und Sonnencreme mit und wanderten zu einem Nebenarm der Bucht, um dieses Problem zu lösen.

 

Wir waren in der Zwischenzeit gut eingeparkt worden: Der Hafen war voll und der Wind würde uns beim Rausfahren seitlich auf die Mooring Leinen der Boote drücken. Nichts überstürzend haben wir uns viel Zeit zum Planen gelassen und hier und da eine Leine auf benachbarte Boote gelegt und uns so elegant aus dem Liegeplatz gezogen. Das fiel auf, und als wir schließlich erfolgreich ablegten, war der Applaus mehrerer Dutzend Zuschauer ein weiterer Grund zur Freude.

 

Der Wind wehte immernoch kräftig, daher ging es im ersten Reff und mit Storm Jib in die Nacht und in Richtung Menorca. Einige Stunden war der Wind auf unserer Seite, doch bald folgte die eine große Flaute der Tour. Den Großteil des nächsten Tages verbrachten wir unter der Diesel Fock und waren zu jeder Zeit unter einer Glocke aus Saharasand. Das diesige Licht schützte immerhin vielleicht vor Sonnenbrand, und zum Ausgleich leisteten uns ein Paar Delfine und eine Schildkröte zwischendurch Gesellschaft.

 

Am Donnerstagmorgen motorten wir auf der Suche nach einer Marina mit Platz für uns durch Maó, Menorca. Am Schluss hat die Störtebeker das Problem glücklicherweise annähernd ohne uns gelöst bekommen: einer der Marinamitarbeiter war auf Zuruf erst skeptisch ob unserer Größe und der freien Boxen. Als er sich die Zeit nahm, uns und unser Schiff zu studieren, entfuhr ihm ein „unglaublich cooles Boot“ und er eilte zur Hafenmeisterin, um ein gutes Wort für uns einzulegen.

 

Wir nutzten die Box, einen Großteil des Stegs sowie einen geliehenen Hochdruckreiniger, um nach der Etappe durch den Saharasand einmal alle Oberflächen, Klamotten und Schoten zu spülen. Ähnlich dem letzten Stop ging es auch in Maó dann erstmal knapp Hundert Höhenmeter hoch in die Altstadt für ein aus Frankreich gewohntes Baguette-Frühstück. Ohne Badestelle irgendwo in der Nähe ist die Crew dann noch in Badeklamotten zufälligerweise vom Steg gefallen, bevor es zur letzten Mahlzeit in die Stadt ging.

 

Mittlerweile ist Freitag und die letzte Etappe beginnt. Von Menorca ging es mit gutem Wind und praller Sonne zur Ostspitze von Mallorca, um in einer ruhigen Bucht auf dem Boot das vorbereitete Abendessen zuzubereiteten. Dass sich die Bucht auch zum Abkühlen eignete war glücklicher Zufall. Es entgang nicht, dass es das letzte gemeinsame Essen auf Wasser werden sollte – nachdem man, mit Giraglia Race, fast drei Wochen zusammen verbrachte. Statt zu trauern war dies jedoch vielmehr ein Anlass, das erlebte in passendem Rahmen noch ein mal Revue passieren zu lassen.

 

Die Zeit scheint nun schneller zu vergehen und wir setzen ein letztes Mal Segel. Wir fahren mit dem Gennaker durch die Nacht. Der Mond scheint nur für uns, bald haben wir es geschafft. Die Luft ist warm und das Profil Mallorcas immer in Sichtweite. Eine kurze Nacht später legen wir bereits in Palma de Mallorca an. Wir trotzen ein letztes mal den Temperaturen und stellen beim Aufräumen und Reinigen das gesamte Schiff auf den Kopf – gelegentlich Kopf unter den Wasserschlauch hilft. Es folgt das übliche Landprogram: Höhenmeter. Von der Kathedrale in Palma bis zu den schmalen Gassen im Zentrum erlebt man hier das eigentliche Palma und es lohnt sich. Ein letztes Abendmahl am Festland später geht es noch ein mal in die Rohrkojen, dann sitzen wir schon im Flieger und sind auf einmal wieder in Hamburg.

 

Wir blicken zurück auf einen guten Mix aus Störtebeker auf Wasser und Höhenmeter an Land, mit genug Wind auf dem Wasser und genug Wasser am Land. Unser Dank gebührt allen Organisatoren, Sponsoren und dem Verein – für das Planen, das Ermöglichen und für die Gemeinschaft.

 

Viele Grüße von Adrian, Bende, Johle, Line, Marvin, Michel, Lennart, Katrina und Joachim