Boris, wir fühlen mit dir!
Wieviel trister wäre der Corona-Lockdown doch ohne die Vendee Globe! Dank der modernen Technik und den großen Bemühungen der Akteure ist man an Bord seines Favoriten quasi live dabei. Ich nehme an, dass viele von uns den selben Favoriten haben, nämlich „unseren“ Boris Herrmann, der sich aktuell großartig schlägt und gerade das berüchtigte Kap Horn gerundet hat. Einige von uns - und ich gehöre zu den glücklichen – schwelgen bei den Bildern vom Southern Ocean nicht nur in Fernweh, sondern auch in Erinnerungen. 2016 durfte ich im Rahmen der Hamburg Süd Southern Ocean Challenge an Bord der Haspa Hamburg bei der Etappe von Auckland nach Ushuaia mit dabei sein. Das bisher größte Abenteuer in meinem Leben! 28 Tage auf See in den extremsten Segelbedingungen der Welt. Eine der vielen Personen, die die Erfüllung dieses Traums damals möglich gemacht haben, ist Boris Herrmann selbst, der uns nicht nur während der Fahrt, sondern vor allem in der Vorbereitung mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat. Seine tollen Bordberichte und Videos zu verfolgen, gleicht einem Deja Vu. Das graue, endlose Meer, das launische Wetter, dass auch ab und zu ganz ohne Wind auskommt und die tägliche Routine auf der langen Überfahrt wirken auch fast 5 Jahre nach unserer Überfahrt noch vertraut. Auch die Route an Point Nemo vorbei ist ähnlich, da auch wir damals eine Eis Exclusion-Zone hatten, allerdings standen uns damals, außer Boris‘ Expertise nicht so viele Daten zur Verfügung um diese fest zu legen. Nach Start in Auckland bei herrlichem Sommerwetter, es war Anfang Februar, ging es für uns mangels passender Winde für gut eine Woche erstmal geradewegs nach Süden. Und das auf Am-Wind-Kursen, das hatten wir uns anders vorgestellt und als wir in Woche 2 bei leichtesten Winden mühsam begannen Meilen nach Osten zu bewältigen hatten wir Zweifel, ob wir überhaupt jemals unser Ziel erreichen könnten. Dazu wurde es dann immer kälter und kälter. Dass einige Tuchschäden auf so einer Reise dazu gehören hat auch Boris bewiesen, insgesamt blieben wir dank umsichtiger Schiffsführung aber von größeren Schäden verschont. Ab Ende der zweiten Woche bekamen wir endlich dann das, wofür wir ans Ende der Welt gereist waren: Herrliche Downwindkurse auf den Rücken der gigantischen Wellen des Südpazifiks und auch die Haspa fühlte sich sehr heimisch. Wenn da nicht die Kälte und Nässe gewesen wären. Über und unter Deck. Durch das kalte Wasser kühlt der Rumpf des Schiffes aus, daher gibt es keine Möglichkeit irgendetwas warm zu bekommen. Eine Heizung hatten wir auch nicht. Alles was an Wasser unter Deck gerät kondensiert sofort an den Wänden und man lebt in einer Tropfsteinhöle. Das Schlafen in einer kalten Wasserlache beim Tosen der Wellen und des Windes kann man sich nicht vorstellen, man kann sich aber daran gewöhnen – für eine gewisse Zeit. Ähnlich wie Boris haben auch wir damals Wetterdaten gesammelt, mithilfe von Messbojen, die wir an definierten Stellen über Bord gegeben haben. Am Tag als wir Kap Horn erreichten, begann es dann doch tatsächlich auch noch zu schneien. Davon merkten wir allerdings wenig. Zu groß war unsere Freude, den berüchtigten Southern Ocean bezwungen zu haben. Den größten Respekt habe ich davor, dass Boris sich all diesen Herausforderungen alleine stellt. Ohne unsere großartige Crew von damals unter der Leitung von Dirk Harenberg würde ich mich mit Sicherheit nicht so gerne an all das zurückerinnern.
Niels Ostmeier