Hamburg - Cowes - Madeira
Los ging es ab Hamburg bei feinstem Sonnenschein auf der Rückseite eines Sturmtiefs. Auf der Überführung nach Cowes erwartete die Crew unter Skipper Georg Christiansen mehrere kräftige Gewitterfronten mit eindrucksvollen Blitzen und Winddrehern um 180 Grad wie aus dem Lehrbuch. Anspruchsvolle Navi zwischen Verkehrstrennungsgebieten vor den großen Häfen Rotterdam undAntwerpen. Schließlich eine herrliche Einfahrt im anbrechenden Abend in den Solent. Das Abschlußfeuerwerk der Cowes Week beleuchtete unsere Suche nach den Tonnen zur Einfahrt in den Hamble River. In der Marina Hamble Point bunkerten wir Viktualien und flogen die restliche Crew aus Hamburg ein.
Am 11. August schickte der RORC 10 Schiffe auf die jahrhundertealte Route nach Madeira. Wo schon 1665 Charles II handelnden Seefahrern Zollfreiheit gewährt hatte, sollten sich auf knapp 1500 Meilen moderne Yachten bewähren. Sicherheitskontrolle und Einchecken vor dem Start funktionierten sehr pragmatisch am Startschiff: unter Aufsicht seines honorigen Großvaters hatte dessen zehnjähriger Enkel zu klären, wieviele Crewmitglieder an Bord der Schiffe seien. „How many?“, krähte also der Knirps, musterte prüfend unsere orangenen Sturmsegel und erteilte uns sodann freundlich grinsend die Startberechtigung.
Wir starteten schließlich bei 20 - 25kn aus westlichen Richtungen vor der Royal Yacht Squadron, erwischten einen Nullstart und kamen gut durch die Strömungen des Solent. Die Lokalmatadoren Pen Azen (J122) und British Soldier (A40) im Kielwasser, rundeten wir die Needles und machten uns auf den Weg in den Englischen Kanal.
Bald frischte der Wind auf und bis Ushant erwartete unseine Kreuz mit böigen Winden bis 35 kn und grober See. Als wir am dritten Tag das Kap gerundet hatten, ging es hoch am Wind in die Biskaya. Erst auf halbem Weg durch den Golf nahm der Wind etwas ab - auch 25 kn können flau erscheinen. Immer noch hoch am Wind, konnten wir den Kurs direkt auf Cap Finisterre absetzen. Obwohl es jeden Tag wärmer und sonniger wurde, zehrte die Lage, die die NVHH nun mittlerweile seit Hamburg schob, an den Nerven. Hinter uns und auf den Racetrackern gut zu verfolgen, kämpften auch unsere Gegner um jede Meile. Aquis Granus (Lutra52/ ASV) hatte bereits am Start Probleme mit dem Großsegel und verzichtete nur wenig später auf das Rennen. Ebenso mussten vier weitere Gegner teilweise noch im Englischen Kanal kapitulieren. Auf der NVHH gingen diese ersten Tage auch nicht ohne Blessuren ab, Schiff und Crew waren den Bedingungen aber gut gewachsen.
Der erhoffte portugiesische Norder, der nach Cap Finisterre entspannte Reaching-Bedingungen bedeutet hätte, entpuppte sich als bloß leichter Schrick in den Schoten. Die wenig später folgende totale Flaute nutzten wir zur Blue Water Badeparty im Atlantik. Die letzte Nacht auf See segelten wir dann unter dem Vollmond bei sehr kommoden Bedingungen, die nur noch gekrönt wurden von den letzten zehn Stunden des Rennens: Der Wind hatte ein Einsehen und wir rastenbegleitet von einer Delphin-Schule unter großem Spinnaker auf Madeira zu.
Die 1800 m hohe Insel erwartete uns unter dem typischen Wolkenberg und mit freundlichen Fallböen bis 35 kn in der Marina Quinta del Lorde am Ostzipfel der Insel. Wir ersegelten Line Honours und wurden vom RORC herzlich empfangen. Gin Tonic und die Lokalspezialität Prego (Steak im Brötchen) waren unser nächtliches Siegesmahl nach 8 Tagen auf See. Der RORC erkannte die Leistung der fünf Schiffe, die ins Ziel segelten, mit einer Siegerehrung in London an. Die NVHH gewann neben einem Silberpokal für 1st Ship Home auch noch die imposante Adrian Mencarelli Endurance Trophy für den Gruppensieg.
Caroline Hagenberg